Am 21. Februar 2018 verstarb Billy Graham mit 99 Jahren, der wohl der bekannteste Evangelist unserer Zeit war. Zu seinem Leben kann man gerade jetzt sehr viele Nachrufe von Menschen lesen, die ihn sehr gut kannten oder von Menschen für die er eine Inspiration war. Billy Graham war dafür bekannt, dass er für viele US-Präsidenten betete, sowohl für Demokraten als auch für Republikaner und dass er vor Millionen von Menschen das Evangelium predigte. Von außerhalb betrachtet fällt einem aber vielleicht nicht auf, dass er auch ein treuer Ehemann war, der 63 Jahre mit Ruth Graham verheiratet war und mit ihr zusammen fünf Kinder aufzog. Grant Wacker, ein Professor an der Duke Universität, der auch der Autor der Biografie, America’s Pastor ist, beschreibt Billy Graham als “ein Mann, der absolute eheliche Treue bewahrte […] ein Evangelist, der das lebte was er auch predigte”.
Seine Ehefrau Ruth nannte er “die unglaublichste Frau, die ich jemals kannte” und wahrscheinlich aufgrund dessen, dass seine Ehe so lange hielt, blieb sein Dienst intakt, wobei der Dienst von anderen Evangelisten, wahrscheinlich gerade wegen Scheidungen scheiterte.
Heute habe ich für euch sieben Lektionen aus dem Eheleben von Ruth und Billy Graham:
1. Eine Ehe, die nicht perfekt ist kann dennoch großartig sein
“Ruth und ich führen zwar keine perfekte Ehe, doch wir führen eine großartige” sagte Graham dazu und bemerkte:
“In einer perfekten Ehe ist alles immer am feinsten und am vorstellbar schönsten; das ist mit einer griechischen Statue vergleichbar, hier sind die Proportionen exakt und die Politur ist makellos. Kennt irgendjemand ein menschliches Wesen, das dem gleich kommt? Es ist schlicht und einfach unrealistisch, wenn man in der Ehe voneinander Perfektion erwartet. Das haben wir sogar schon vor unserer Hochzeit gelernt.”
Konflikt und Kompromiss waren schon früh ein Teil ihrer Ehe als Billy lernen musste die direkte und unabhängige Natur von Ruth zu akzeptieren. Einem Zeitungsartikel nach versuchte Billy Graham vergeblich, nachdem seine Frau das Familienauto zu schrott gefahren hatte, ihr zu verbieten weiterhin Auto zu fahren. Als Ruth sein Verbot ablehnte sagte er zu ihr: “Ich kann mich nicht daran erinnern in der Bibel zu lesen, dass Sarah jemals auf diese Weise mit Abraham redete.” Ruth antwortete darauf mit: “Ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass Abraham jemals versuchte ihr das Kamel wegzunehmen.”
“Dadurch, dass wir menschlich sind, wird jede Beziehung zu einer anderen Person irgendwo Unebenheiten und Schwachstellen haben. Dieses makellose Ideal gibt es nur in ‘und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute’ Märchen. Ruth sagt gerne ‘Wenn zwei Menschen bei allem übereinstimmen, dann ist einer von ihnen überflüssig.’ Umso früher wir diesen Fakt akzeptieren umso besser können wir uns an den anderen anpassen und Zweisamkeit genießen.”
2. Gemeinsamer Glaube ist wichtig
Ruth und Billy verpflichteten sich zu einer Zeit des täglichen Gebets und das half ihnen, um die Zeiten durchzuhalten in denen sie voneinander getrennt waren. Auf die Frage wie Ruth es denn hinbekommen würde, so oft für mehrere Monate ohne ihren Ehemann mit den Kindern auszukommen, antwortete sie mit: “Auf meinen Knien.”
In dem Nachruf auf seine Frau Ruth formulierte Billy Graham es folgendermaßen: “Wenn wir zusammen waren ging keine Nacht vorüber ohne, dass wir nicht vor dem Schlafen gehen Hände haltend beteten”. Und selbst, wenn er auf Reisen war rief er jeden Tag an, damit sie miteinander sprechen und beten konnten.
3. Hingabe ist von großer Bedeutung
Ein Grund dafür, dass Billy Graham’s Dienst (und Ehe) fortdauerte, doch andere christliche Leiter sexueller Versuchung unterlagen, war seine Hingabe zu seinem Eheversprechen. Die viel diskutierte “Billy Graham Regel” war eigentlich eine von vier Regeln, die er mit anderen Geistlichen zusammen während einer Evangelisation in Modesto Kalifornien 1948 übernahm. In seiner Autobiografie “Just as I am” erklärt Graham diese Regel in Bezug auf Frauen:
“Wir alle hatten von Evangelisten gehört, die in unmoralischer Weise zu Fall kamen, währenddem sie von ihren Familien getrennt waren. Wir gelobten untereinander jede Situation zu vermeiden, selbst wenn sie nur den Anschein des Kompromisses machte. Von diesem Tag an, reiste, traf und aß ich nicht mehr allein mit einer anderen Frau, die nicht meine Ehefrau war. Wir entschieden, dass Paulus’ Mandat an den jungen Pastor Timotheus auch an uns gerichtet war: ‘Lass dich nicht von den Leidenschaften fortreißen, die besonders junge Menschen in Gefahr bringen!’.”
Darüber hinaus verpflichteten sich Ruth und Billy bis zum Tode ihre Ehe nicht aufzulösen. Als Ruth einmal gefragt wurde, ob sie irgendwann einmal mit dem Gedanken gespielt hätte sich von ihrem Ehemann scheiden zu lassen, soll sie gesagt haben: “Scheidung, nein, Mord, ja!”
4. Ehe ist eine Teilhaberschaft
Graham’s Langzeitassistent T.W. Wilson schrieb, “Es hätte den Billy Graham, den wir heute kennen, nie gegeben, wenn es keine Ruth gegeben hätte.”. Ihr wird sogar gut geschrieben, dass sie ihn von der Politik fernhielt. Als 1964 das Gerücht aufkam, dass er sich als Präsident aufstellen wolle, überredete Ruth ihn witzelnd und doch mit einer strengen Warnung: “Ich denke nicht, dass die amerikanischen Bürger für einen geschiedenen Präsidenten ihre Stimme geben würden, denn wenn du deinen geistlichen Dienst für die Politik verlassen würdest, wäre die Scheidung nämlich schon vollzogen.”
Als Ruth 2007 starb, betonte Graham ihre Beteiligung an seinem Dienst. “Ruth war meine Lebensgefährtin. Wir wurden von Gott als ein Team berufen. Niemand anders hätte die Last tragen können, die sie trug.”
5. Zeit mit der Familie ist nicht zu ersetzen
Ein kürzlich erschienener Artikel in der Washington Post konzentrierte sich auf die Mangel in Grahams’ Familienleben und beschrieb ihn als “abwesenden Vater”. Es ist sehr wohl wahr, dass er lange Zeiten – manchmal bis zu sechs Monate – von zuhause fern blieb und somit Ruth als “alleinerziehenden” Elternteil zurückließ. In einem Steckbrief der Zeitschrift Christianity Today geben seine Töchter an, dass sie ihn als Kinder sehr stark vermissten und bemerkten, dass Ruth als “Mutter und Vater” diente.
Billy Graham gab selbst an, was er in seinem Leben am meisten bedauerte und wie er sich gewünscht hätte mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen. “Jeder Tag, den ich von meiner Familie getrennt verbracht habe ist für immer verloren”. Er sagte, dass “obwohl viele der Reisen notwendig waren, waren es manche jedoch nicht”. In einer Frage- und Antwortrunde mit Christianity Today an seinem 90 Geburtstag fügte er folgendes hinzu: “Ich bin mir sicher, dass Ruth und die Kinder für all die Zeiten, an denen ich nicht da war, einen hohen Preis bezahlten. Ich sage jungen Evangelisten immer, dass sie nicht das Gefühl haben müssen, jede Einladung annehmen zu müssen.”
6. Wahre Liebe muss vorgelebt werden
Graham sagte einmal: “Nichts kann eine echte Art der Sicherheit in das Zuhause bringen außer wahre Liebe”. Gigi Graham Tchividjian, Ruth und Billys’ Tochter, schreibt über die Ehe ihrer Eltern:
“Von der Zeit an, als ich ein kleines Mädchen war, wusste ich, dass meine Mama und mein Papa einander liebten. Jedesmal wenn Papa den Raum betrat, dann funkelten die Augen von meiner Mutter und ich wusste, dass ihr Herz ‘in ihr emporstieg’. Er war schnell dabei sie nahe an sich zu haben, ihre Hand zu ergreifen oder ihr einen liebevollen Kuss zu geben. Es war für alle klar, dass sie sich gegenseitig verehrten und ineinander verliebt waren.”
7. Im Laufe der Zeit wird die Ehe besser
An ihrem 60-jährigen Hochzeitstag in 2003, sagte Ruth Graham über ihre Ehe: “Es gab während den ersten Jahren ein paar Dinge, die angepasst werden mussten, doch jetzt passt es sehr gut”. Ihr Ehemann hatte in dieser Hinsicht eine etwas romantischere Ansicht: “Wir haben jetzt eine bessere Beziehung […] wir schauen einander in die Augen und berühren uns und das wird besser und besser, wenn du älter wirst.”
Ein paar Jahre nach dem Tod von Ruth sprach Graham in einem Interview mit dem Time Magazine über seine Trauer und seinen Glauben, dass sie einmal wieder zusammen sein werden:
“Manchmal bin ich mit etwas beschäftigt, doch dann werde ich plötzlich an sie erinnert und dann bin ich damit beinahe überfordert. Um damit zurechtzukommen danke ich Gott jeden Tag für die Jahre, die wir zusammen hatten […] Ich weiß, dass Ruth ihr himmlisches Zuhause in Anspruch genommen hat und irgendwann werde ich zu ihr stoßen. Das gibt mir sehr viel Trost.”
Ein 63-jähriges Eheleben ist in unserer Kultur sicherlich bewundernswert und auch vorbildlich. Zum Abschluss möchte ich noch eine Aussage von Billy Graham hervorheben, die für jede Ehe sehr inspirierend sein sollte. Er wurde einmal gefragt, welches sein Lieblingsbuch der Bibel sei. Er gab an, dass es im Alten Testament die Psalmen seien, denn die Hälfte der Zitate, die Jesus machte, kamen aus dem Psalter.
Nebenbei wies er auch darauf hin, dass er und seine Frau Ruth jeden Tag fünf Kapitel aus den Psalmen und ein Kapitel aus den Sprüchen lasen. Er erklärte, dass die Psalmen uns lehren, wie wir mit Gott zurechtkommen können und die Sprüche lehren uns, wie wir mit Menschen auskommen können.
Die Betonung dieser Begebenheit liegt wohl darauf, dass es sehr wertvoll ist, wenn man als Ehepaar Zeit in der Bibel und im Gebet verbringt. Das sollte für eine Ehe aber auch für eine Beziehung ein Schatz sein, den es sich Tag für Tag lohnt wieder neu auszugraben.
Quellen:
[1] https://ifstudies.org/blog/billy-grahams-legacy-includes-a-loving-faithful-marriage